Wie bei so vielen Erfindungen der Menscheitsgeschichte war auch beim Damaszenerstahl die Militärtechnik die treibende Kraft - die Suche nach Waffen, die denen des Feindes überlegen sind. Im Falle von Damaststahl lässt sich nicht eindeutig bestimmen, wo und wann diese Technik erstmalig angewendet wurde. Wie auch die Eisenverarbeitung im Allgemeinen, scheint auch der Schweißverbundstahl an mehreren Orten parallel entwickelt worden zu sein. Die ältesten Funde von Schweißverbunddamast datieren auf etwa 300-400 v. Chr. (LaTène-Zeit).
Durch weitreichenden Handel und verschiedene Völkerwanderungen wird die Entstehungsgeschichte dieses Materials weiter vernebelt. Zudem ist die Quellenlage in weiten Teilen leider diffus oder sogar widersprüchlich. Im Folgenden wollen wir dennoch versuchen, die wichtigsten Stationen in chronologischer Reihenfolge aufzuzeigen.
Die Wichtigsten Infos zusammengefasst
In den Anfängen der Eisenverarbeitung war als Gewinnungsverfahren zunächst nur der Rennofen bekannt - ein gemauerter Ofen mit Holzkohlenbefeuerung, in dem eisenhaltiges Erz zu Eisen erschmolzen wurde. Das Produkt dieses Prozesses war höchst unterschiedlich, was den Kohlenstoffgehalt und die allgemeine Reinheit des Eisens angeht.
Zudem konnten von der erschmolzenen Luppe zunächst nur kleine Bruckstücke verwendet werden, die die Größe der fertigen Erzeugnisse begrenzten. Erst die Erfindung des Feuerschweißens erlaubte es den Schmieden der Antike, mehrere dieser Stücke zu verbinden und somit größere Objekte zu erzeugen.
Im nächsten Schritt wurde bekannt, dass besonders bei Klingen ein Laminat von "weichem" und "harten" Stahl die jeweiligen Vorteile (Zähigkeit und Schnitthaltigkeit) in sich vereinte. So entstanden die ersten Waffen aus Schweißverbundstahl: Verbundklingen, zumeist in Deckschicht-Technik. Schwertfunde aus der LaTène-Zeit (etwa 400-300 v. Chr.) zeigen teilweise schon sehr komplexe Aufbauten.
Gegen Ende der LaTène-Zeit und während der beginnenden Römerzeit wurde das Verfahren weiter perfektioniert und der Verbund unterschiedlicher Stähle zu Dekorzwecken bei besonders prunkvollen Waffen eingesetzt. So wurden die ersten Klingen unter Verwendung von feinlagigem und teilweise tordiertem (verdrehtem) Schweißverbundstahl hergestellt. Eine genaue Datierung ist leider nicht möglich. Es ist davon auszugehen, dass das Verfahren an mehreren Orten (Indien, Persien, vorderer Orient, Nordeuropa) parallel entwickelt wurde. Durch Schmiede von römischen Hilfsvölkern wurde die Technik im römischen Imperium bekannt und verbreitet.
Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Funde von Illerup Ådal im heutigen Dänemark. Unter den Opfergaben aus dem 2.Jahrhundert nach Christus ist auch eine Vielzahl von Schwertern mit hochkomplexen Damast-Aufbauten, darunter viele Mosaik- und Intarsiendamaste.
Um schnitthaltige und dennoch flexible Klingen herzustellen, wurde in vielen Fällen ein Kern aus weichem Eisen verwendet, der dann mit Deckschichten und Schneidleisten aus dekorativem Schweißverbunddamast belegt wurde. Ein bestimmter Aufbau war sehr gängig und wurde über viele Jahrhunderte in immer ähnlicher Weise hergestellt: die sogenannten "wurmbunten" Klingen, bestehend aus zwei oder mehr tordierten Stäben in der Mitte der Klinge mit aufgestattelten Schneidleisten aus Lagendamast.
In Persien verbreitete sich in der Antike die Herstellung von Schmelzdamast (Wootz) aus indischem Erz. Der genaue Zeitpunkt der Entdeckung dieses Verfahrens ist nicht rekonstruierbar. Die ältesten archäologischen Funde von Wootz-Klingen (Taxila, Pakistan) wurden auf das 1. Jahrhundert n. Chr. datiert. Das einzigartige Wootz-Herstellungsverfahren blieb während seiner gesamten Geschichte weitestgehend auf den arabischen beziehungsweise persischen Kulturkreis beschränkt, während die Technik des Schweißverbunddamasts bei vielen verschiedenen Völkern Anwendung fand.
In Europa wurde Schweißverbunddamast (zumeist in "wurmbuntem" Aufbau) über viele Jahrhunderte nahezu unverändert von den Merowingern, Karolingern und Wikingern hergestellt und verwendet. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts begann ein langsamer Rückgang der Produktion - vermutlich waren Fortschritte in der Stahlverhüttung dafür verantwortlich. Da nach und nach die Qualität des Schmelzprodukts besser und vor allem homogener wurde, schwand der technologische Vorsprung des Schweißverbundstahls und stand schließlich in einem schlechten Verhältnis zum Herstellungsaufwand. Ab Ende des 13. Jahrhunderts wurden kaum noch Klingen aus Schweißverbunddamast hergestellt.
Das in Europa schon lange bekannte Verfahren der Raffinierstahl-Herstellung wurde um das 7.Jahrhundert n. Chr. in Japan endeckt. Die dortigen Schwertschmiede erlangten im Verlauf der folgenden Jahrhunderte großes Können bei der Homogenisierung des erschmolzenen Ausgangsmaterials und der Steuerung seines Kohlenstoffgehalts. Auch in Japan wurde den Schmwertern durch eine makroskopische Verbundkonstruktion (zum Beispiel mit einem Kern aus weichem Eisen) zusätzliche Zähigkeit verliehen.
Unabhängig von Europa, Japan und dem vorderen Orient entwickelte sich im heutigen Indonesien, vor allem auf Java, eine hohe Schule der Herstellung von Schweißverbunddamast. Die dort seit dem 13. Jahrhundert gefertigten Krise, Dolche mit oft schlangenartigen geflammter Klinge, weisen mitunter eine sehr feine Lagenstruktur und starke Kontraste auf, wobei letzteres auch auf die Verwendung von nickelhaltige Meteoritenseisen zurückzuführen ist.
Nachdem im 14. und 15. Jahrundert in Europa sehr wenige Klingen aus Schweißverbunddamast hergestellt wurden, erlebte die Technik ab etwa 1550 eine Renaissance. So wurden zu dieser Zeit wieder vermehrt Blankwaffen aus Damaszenerstahl hergestellt. Zunächst (im 16. Jahrhundert) standen wohl die mechanischen Eigenschaften von Verbundstählen im Vordergrund, die trotz aller Verbesserungen denen des erschmolzenen Stahls überlegen waren und daher besonders bei hochwertigen Waffen des Adels Verwendung fanden. Viele Blankwaffen dieser Zeit waren zwar aus Verbundstahl gefertigt, aber vollständig poliert, so dass das Muster unsichtbar blieb.
Es dauerte jedoch nicht sehr lange, bis die charakteristische Zeichnung wieder Anklang fand und vermehrt auf den Objekten hervorgebracht wurde. Es entwickelte sich eine regelrechte "Modewelle", in deren Verlauf eine große Zahl von Prunkwaffen aus Schweißverbunddamast hergestellt wurde. Im 18. Jahrhundert begann man, auch die Läufe von Feuerwaffen aus diesem Material zu fertigen.
Während dieser Zeit etablierten sich in Europa verschiedene Zentren der Damaszenerstahlherstellung. Während in Solingen überwiegend Blankwaffen gefertigt wurden, erlangte die Stadt Lüttich große Bekanntheit für ihre exzellenten Pistolen- und Flintenläufe. Auch im englischen Birmingham und im Gebiet der heutigen Türkei wurden in dieser Zeit viele Objekte aus Damaszenerstahl hergestellt.
Nachdem zunächst die klassischen Muster repliziert wurden, begann man immer stärker, neue Wege zu beschreiten und sich mit extravaganten Strukturen gegenseitig zu übertrumpfen. Die Technik der Oberflächenmanipulation wurden in dieser Epoche perfektioniert.
Die Herstellung von Damaszenerstahl fand vielerorts in Manufakturen statt und gewann immer mehr den Charakter einer industriellen Produktion. So wurden zunehmend strukturierte Walzen eingesetzt, um den Stahl und die verschiedenen Muster in einheitlicher Qualität herzustellen. Aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind Kataloge überliefert, aus denen der Kunde Blank- und Feuerwaffen mit einer Vielzahl von standardisierten Mustern bestellen konnte.
Im Zuge der einsetzenden Industrialisierung wurde nach neuen Wegen gesucht, Schweißverbunddamast und Erzeugnisse daraus wirtschaftlicher (maschinell) zu fertigen. Es zeigte sich aber, dass trotz aller Versuche das Können und Gefühl des Schmieds nicht durch eine Maschine zu ersetzen waren. Schließlich ging man dazu über, die klassischen Damaszenerstahl-Erzeugnisse (Blank- und Feuerwaffen) zunehmend maschinell aus Monostahl herzustellen, dessen Qualität durch entscheidende Fortschritte in der Verhüttungstechnik (1855 Bessemer-Birne, 1864 Siemens-Martin-Verfahren) immer besser wurde und der vor allem wirtschaftlicher herzustellen war.
Da man zunächst nicht auf die ästhetische Erscheinung der Damast-Muster verzichten wollte, wurde deren Imitation durch Ätzdekor und Monostahl-Erzeugnissen immer populärer. Das bedrohte die ohnehin schon im Niedergang begriffene Existenz der Damast-Manufakturen zusätzlich und führte zu einem größeren Konflikt zwischen ihnen und den "Fälschern". Dieser fand schließlich im Jahr 1898 mit einer Regelung ein Ende, die es Herstellern und Händlern verbot, mit Ätzdekor versehene Erzeugnisse in irgendeiner Weise als "Damast" oder "Damaszenerstahl" zu bezeichnen. Dennoch gingen Nachfrage und produzierte Stückzahlen immer weiter zurück, und nur wenige Jahre später wurde die Produktion in den meisten Damast-Manufakturen eingestellt.
Im Orient ging zu dieser Zeit auch die Produktion von Schmelzdamast immer weiter zurück - vermutlich weil bestimmte Erzvorkommen in Indien (die wichtige Begleitelemente enthielten) versiegten. Etwa zeitgleich fanden in Russland Versuche statt, der Zusammensetzung des Wootz-Stahls auf den Grund zu gehen. Dem Metallurgen P.Anossow gelang es zusammen mit einigen Schmieden, ein ähnliches Material herzustellen, das er "Bulat" nannte. Allerdings konnte er nicht erklären, warum diese Materialien ihre charakteristischen Eigenschaften aufweisen.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden vor allem in Solingen viele Blankwaffen aus Damast hergestellt, die zumeist von Würdenträgern aus Militär und Politik zu repräsentativen Zwecken getragen wurden. Als die Nachwehen des Zweiten Weltkrieges überwunden waren, begannen in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren einige Schmiede damit an, diese Technike wieder polpulär zu machen.
In den USA gelten Daryl Meier und Bill Moran als Urväter der modernen Damaszenerschmiede, in Deutschland sind es Manfred Sachse und Heinz Denig. Ausgehend von den Vereinigten Staaten etablierte sich zu dieser Zeit auch das Herstellen und Sammeln von "Custom Knives" (handgemachten, nach Kundenwunsch gefertigten Messern) immer mehr und bot den Damastschmieden ein Betätigungsfeld und einen Absatzmarkt.
Dieser Trend setzt sich bis heute ungebrochen dort und scheint auch in Popularität immer noch zu wachsen, so dass ein überwiegender Anteil des hergestellten Damasts zu Messerklingen verarbeitet wird. Parallel entstanden und entstehen auch Schmuckstücke und andere Objekte, die mengenmäßig betrachtet aber eher ein Schattendasein fristen.
Neue Impulse brachte 1983 ein in Deutschland von Friedrich Schneider und Richard Hehn entwickeltes Verfahren, das es erstmalig ermöglichte, auch rostträge, also chromhaltige Stahlsorten durch Feuerschweißen zu verbinden. 1993 wurde das pulvermetallurgische Verfahren für die Herstellung von Schweißverbundstahl entwickelt, was eine neue Variante dieses Verbundmaterials hervorbrachte.
Parallel versuchten Wissenschaftler, das Geheimnis von Wootz-Stahl zu enträtseln. Die russischen Forscher V. P. Borsunov und V. A. Tscherbakow veröffentlichten im Jahr 1993 eine Studie mit sehr präzisen Analysen historischer Wootz-Erzeugnisse, ohne jedoch die entscheidenden Entdeckungen zu machen.
Die Popularität von Damaszenerstahl dauert an, besonders auf dem Gebiet Custom Knives. So wächst die Zahl der Schmiede stetig: Was vor 50 Jahren noch eine fast vergessene Kunst war, ist heute populärer als je zuvor, vielleicht gerade weil es sich von der alltäglich gewordenen industriellen Massenfertigung absetzt. Auch aus Sicht des Sammlers gibt die ästhetische Erscheinung und der mit Damaszerstahl verbundene Mythos den Ausschlag. Die technologischen Vorteile, die einstmals zu seiner Entwicklung führten, sind in Anbetracht der Leistungsfähigkeit moderner Monostähle geschwunden.
Angespornt durch historische Vorbilder und zeitgenössische Konkurrenzprodukte werden stetig neue Muster und Materialkombinationen erforscht. Eine Vielzahl von genormten Stahlsorten bietet den heutigen Damastschmieden eine größere Auswahl an hochwertigem Ausgangsmaterial, als es sich ihre historischen Kollegen hätten träumen lassen. Moderne Gerätschaften wie Maschinenhämmer oder Gas- und Elektroessen machen die früher notwendigen Zuschläger und andere Helfer überflüssig und ermöglichen es dem professionellen Schmied und dem Hoppy-Handwerker, dieser Beschäftigung allein nachzugehen.
Auf dem Gebiet der Wootz-Forschung wurden in jüngster Zeit entscheidende Durchbrüche erzielt. So gelang es dem US-amerikanischen Metallurgen J. D. Verhoeven in Zusammenarbeit mit dem Schmied A. H. Pendray, Wootz-Stahl zu erzeugen und im Zuge dieses Prozesses Rückschlüsse auf die Entstehung seiner speziellen Struktur zu ziehen.

Die hier vorgestellten Informationen wurden in Zusammenarbeit mit Herrn Gunther Löbach & dem Wieland Verlag möglich.
Das Buch Damaszenerstahl - Theorie und Praxis dient als Grundlage und bietet Ihnen zusätzlich zur Historie
einen umfassenden Praxisteil über das Schmieden von Damaststahl.